Janusköpfchen – Medius

Die Kriegerin sagte gestern ich sei janusköpfig. Wenn man sich mit mir unterhielte, käme man nicht auf die Idee , dass das was ich schreibe von mir sei. Weil ich weder eine höhere Schulbildung habe, noch aus einem Bildungshaushalt käme. Sie meint das nicht abwertend. Vielmehr versucht sie damit ihr Staunen zu erklären.
Auch frage sie sich, wie ein Mensch, der so tief traurig sei, soviel lachen könne.
Ich bin nicht tief traurig. Manchmal melancholisch, hin und wieder depressiv, wenn die Werte nicht stimmen. Sonst empfinde ich mich als glücklichen und fröhlichen Menschen.
Ich persönlich halte mich rhetorisch für nicht besonders stark. Zu emotional. Daher fehlen in Unterhaltungen oft die Worte. Schlagfertig ist, was einem drei Stunden später einfällt.
Doch sobald ich schreibe, werde ich eine andere. Dann kann ich mit Worten Bilder erschaffen. Dann bin ich auch Dame, elegant und charmant. Bin im Fluss.
Wenn ich schreibe bin ich eloquent. Dann öffnet sich eine Tür zu einer anderen Welt in mir.

Ein paar Stunden zuvor:
Am Friedensplatz steigt ein alter Grieche in meine Droschke. Eins seiner Augen milchig weiß. Er hat gesehen, wie ich mein Moleskin weg packe, sagt schreiben sei gefährlich. Ich frage ihn weshalb, worauf er erwidert, weil man dadurch auf seine Wortwahl aufmerksam werde. Ich lächle, gebe zurück, dass genau das gewünscht sei.
Was ich denn geschrieben habe. „Gedichte“. Dann müsse ich ein Medius sein. Ich seh ihn an, er weiter: „Eine Frau mit zwei Gesichtern. Mal Liebevoll, mal grausam.“ Nur so könne man Gedichte schreiben.
Er fragt was ich studiert habe. Nicht studiert. Aber Abitur. Kein Abitur. Ein sehr bescheidener 10b Abschluss, sprich mittlere Reife, darauf eine sechs in Mathematik. Dafür eine zwei in Englisch und eine zwei in Deutsch.
Sprache kann ich.
Scheinbar habe ich bei dem alten „Wissenden“ keine Probleme mich zu artikulieren. Er gibt mir nämlich zu verstehen, dass er aufgrund meiner Artikulation mindestens von Abitur ausgegangen sei.
Freut mich. Dann, beim Aussteigen, gibt er mir einen wunderschönen Satz mit auf den Weg:
„Ein Gedicht ist wie ein Kind. Es muss geboren und entbunden werden“
Dann wünscht er mir viel Erfolg für mein Buch.

Ach, hatte ich das nicht erwähnt? Ein Buch voll Kinder wird es werden.

Lyrik – Musik/ Thees Uhlmann – Zum Laichen Und Sterben Ziehen Die Lachse Den Fluss hinauf

Doch noch ein letztes:
Der Altmann fragt, ob ich Gedichte lese, wegen meiner Seelenrückschau. Sie ist gut.
Und er meint, ich solle mich damit befassen. Mach ich. Garantiert.
Zu Hause geht mir die Frage nicht aus dem Kopf. Bis mir ein Licht aufgeht, woher mein Hang zur Lyrik kommt.
Jeden Tag, den ich in meinem Taxi verbringe, höre ich Stunde um Stunde Musik. Bis zu acht Stunden.
Auch das ist Lyrik. Meist höre ich CD, selten Radio. Gerne Deutsch- Alternative. In der Regel achte ich neben Rythmus und Beat auch auf den Text, wenn ich meine Musik auswähle.

Das ist das Stück, das mich auf der Rückfahrt begleitet hat. Habt Freude damit 🙂

Thees Uhlmann – Zum Laichen und Sterben ziehen di…: http://youtu.be/GwwaYX1oG6g