Zwischen den Fahrten viel Zeit zum Nachdenken. Meine Gedanken ziehen wie Wolken. Ich möchte sie teilen. Ich werte sie nicht. Ich ahne, sie kommen von einem Ort in der Nähe meines Herzens. Es soll nichts und niemanden entschuldigen, ich klage nicht an, ich erkläre niemandem die Welt.
GFK trudelt durch meinen Geist, mein bunter Post. Als nächstes: Geht es bei der Angst vor der Islamisierung des Abendlandes überhaupt um die Religion? Oder geht es um das Schreckgespenst, das sich durch die Medien und subjektive Wahrnehmung aufgebaut hat. Das Schreckgespenst Islam huuaaa, grusel.
Was verbinden denn viele Menschen mit dem Islam? Was sehen die Menschen tagtäglich, womit werden sie gefüttert?
Tag ein, Tag aus stehen Meldungen vom IS in der Zeitung, flimmern schreckliche Bilder über die Bildschirme. Sicher keine Lügen. Man sieht Frauen in Vollverschleierung (unfrei, denkt man sich). Das ist das, was die meisten sehen. Alles, was man sieht, zeigt Gewalt und Unterdrückung. Asoziiert Unfreiheit. Das macht Angst. Das sind alles keine Märchen, werden jetzt viele sagen, doch ist es sicher nicht die Wahrheit über den Islam, denke ich.
Sehen. Einer von fünf Sinnen.
Was die Menschen nicht sehen ist der Großteil der Muslime, die, wie sagt man so schön, „gemäßigt“ sind. Die kann man nämlich nicht sehen, weil sie tagtäglich ihrer Arbeit nachgehen, in Krankenhäusern, Schulen, im Taxi, überall dort, wo wir auch arbeiten. Manchmal mit, manchmal ohne Kopftuch. Die kommen nicht im TV.
Das sind die Menschen, die ebenfalls Angst haben. Angst, vor der Angst der anderen.
So erzeugt Angst noch mehr Angst und Gewalt immer mehr Gegengewalt.
Und mittendrin stehen ein paar Nutznießer, mit dem Ölkännchen und träufeln Öl ins Feuer
Vielleicht wäre es schlau sich mal zu unterhalten. Sich gegenseitig zu schildern, wovor man Angst hat. Bei Tee und Kaffee. Mit ein paar empathischen Freidensstiftern, die vermitteln.
Dazu braucht es natürlich Mut. Wer Angst zeigt und seine Bedürfnisse kund tut, macht sich verletzlich. Ist es falsch mit offenem Herzen aufeinander zuzugehen, statt mit Hetzparolen?
Die nächste Gedankewolke schwebt heran. Ich verstehe nicht, was Überfremdung ist. Mit Verlaub. Seit es Menschen auf dieser Welt gibt, sind mal mehr oder weniger in andere Länder gewandert (Völkerwanderung). Ausgewandert. Gut, nicht immer besonders rücksichtsvoll. Oft barbarisch. Doch ganz ehrlich, wer bitte glaubt denn, sein Volk sei frei von fremdem Geblüt? Wir sind alle Menschen, vermischt mit anderen Menschen. Können wir nicht einfach alle nebeneinander existieren? Uns und unseren Nachbarn einfach mal sein lassen?
Ich weiß, das alles ist nicht sehr tiefschürfend. Es sind ja auch nur Fetzen von irgendwo viel tiefer in mir drin, die an die gedankliche Oberfläche kommen. Von diesem Ort, der sich Frieden wünscht. Der Leben will.
Ist das naiv?