Analyse Sockelsyndrom – Unerreichbar

Punkt eins: In der Regel finden mich die Leute erst mal gut (ganz nebenbei, ich mich auch), sind gar beeindruckt (was nicht wirklich wichtig ist. Nicht mehr)
Punkt zwei: Man baut sich seine Situationen meistens selbst.
Punkt drei: Rein kopfmäßig weiß ich, mein Vater war mir zugetan. Doch hat er das nie gezeigt. Warum? Ihm hat man es auch nie gezeigt. Jeder kann nur so gut, wie sein Werkzeug ist.
Es war immer eine Distanz da. Nie auf dem Schoß gesessen, nie gekuschelt, nie großartig gelobt. Ein großes Nie. Ein Mangel. Es gibt ein Foto, ich im Nachthemd, vielleicht sieben Jahre alt, neben meinem Vater auf der Couch. Ich kuschel mich an ihn. Man sieht an seinem Blick, dass er mich mag. Er lächelt von oben auf mich herab. Doch kein Arm liegt um die Tochter. Die Initiative kommt von mir.
Er hat mich nie geschlagen, ich konnte immer wieder nach Hause kommen, egal, wie lange ich weg war. Keine Reaktion. Und doch meine große Liebe. Mein Vorbild, mein GOTT.
„Du bist ein Papakind“, pflegte meine Mutter immer zu sagen (mit bitterem Unterton, ich glaube, sie war eifersüchtig). Immer wahnsinnig ruhig und in sich gekehrt, war er. Unnahbar. Dass er stolz auf mich war, erfahre ich nach seinem Tod von seinen und meinen Kollegen. Dass er mit mir überfordert war und Rat bei den Zentralistinnen suchte, mich quasi die Taxi Genossenschaft mit hat wachsen sehen, weil er nach dem Fortgang meiner Mutter nicht wußte, was er mit dem pubertierenden Kind anstellen sollte, all das habe ich nach seinem Tod erfahren.
Er hat mich wohl geliebt. Doch er hat es nie gezeigt. Egal, was ich tat. Keine Gefühlsregung. Nicht mal Wut. Und ich kam auch nicht an ihn ran. DÜRFTE IHN NICHT LIEBEN.
Also baue ich mir neue Götter, die ich nicht erreichen kann. Stelle Menschen auf Sockel, mit denen ich anfangs auf Augenhöhe bin, solange bis sie das so seltsam finden, dass sie lieber Abstand nehmen. Nicht mehr reagieren. Keine (Gefühls)Regung mehr zeigen. Und ich versuche, wieder meinen Godfather zu erreichen, den ich gerade unerreichbar gemacht habe. Und das Kind in mir schreit:“Lass mich Dich bitte lieb haben.“

Das ist das, was mir heute so durch den Kopf geht, als ich fertig vom Sport, bei ExGodfather Mr. Freeze (hat ausgedient), schwitzend in der Sauna sitze. Ich beglückwünsche mich, ob der Erkenntnis und bin gerade etwas down, weil ich weiß: Gerade habe ich eine neue Baustelle aufgetan.
Herr Kapellmeister, Ein Tusch Bitte!

Mensch, Altmann!

Lange war das Buch vergessen. Es vegetierte in meiner Sporttasche, wartend darauf wieder entdeckt zu werden:

„Gebrauchsanweisung für die Welt“ von Andreas Altmann.

Darin ein Kapitel:
Reisen und Schreiben
Ich lese; über den schlechten Ruf der Reiseliteratur, über „Schreiben ohne Sauce (Gefühl), ohne Beilagen(Sprachwitz) und ohne Gewürze (Provokation)…“

Und dann geschieht etwas, das mir in jedem seiner Bücher mindestens einmal passiert: Er zieht einen Vergleich, beschreibt eine Lebenssituation, um etwas fassbarer, bildlicher zu machen, und ich finde eine Erkenntnis für mich; für meine momentane Situation.
Diese Situation hat nichts, gar nichts mit dem Thema Schreiben zu tun, aber alles mit dem, was Altmann hier als Vergleich heran zieht.

Wer braucht schon Bücher über Lebenshilfe, wenn er Altmann liest. Der Mann hat so viel gesehen, ist so viel gereist (sowohl geographisch, als auch seelisch); es reicht seine Geschichten über das Leben und Reisen zu lesen.

Unerwartete Beratung

Nachdem ich das Rezept für mein L-Thyroxin umgetauscht habe, gehe ich gleich in die Apotheke hinter dem HBF, komme mit der Apothekerin ins Gespräch über Hashimoto.
Diese entpuppt sich als Expertin für Hashimoto und scheint tatsächlich auf dem neuesten Stand in Sachen Erkenntnisse /Blätterteig **zu sein. Sie gibt mir ihre Karte und meint ich soll mit meinem Blutbild mal vorbei kommen. Sie könne mir bestimmt ein paar Neuigkeiten mit auf den Weg geben, die ich dann zusammen mit dem Doc bearbeiten kann.
Gerne. Jede Erkenntnis, die dafür sorgt, dass es meinem Organismus, und damit mir, möglichst gut geht, ist willkommen.
Inzwischen hab ich ja schon raus, dass man sein eigener Experte werden muss, um mit dieser Krankheit fertig zu werden.

**Nachtrag: vielleicht macht sie auch guten Blätterteig, gemeint sind aber Blutwerte 😀