Der Ruck

Gestern Abend. Die Freunde sind nicht zu erreichen. Also sitze ich ein weiteres Mal auf der Terrasse, hinter dem Haus der Erkenntnis. Ein wenig Bewusstseinserweiterung in den Hirnwindungen. Zuvor habe ich ein Buch von Jorge Bucay in der Hand gehalten. Darin eine weitere Allegorie von der Kutsche:

Mit meiner Kutsche erreiche ich eine Weggabelung. Fünf Wege. Ich merke, wie jeder Teil der Kutsche -wir sind ja Eins, die Pferde, die Kutsche, ich der Kutscher- jeder einen anderen Weg einschlagen will. Auf einem Stein sitzt ein alter Mann und ich frage, welcher Weg der richtige sei. Worauf er entgegnet, das käme darauf an, was ich suche. Jeder der Wege, könne mich ans Ziel führen.

„Wenn doch jeder Weg ans Ziel führt…“  

„Ich sagte, jeder Weg KANN Dich ans Ziel führen.“

„Ich möchte glücklich sein.“

Darauf erhalte keine Antwort. Ich frage anders: Was muss ich tun, um zu wissen, welcher welcher Weg, der richtige ist.

„Frag nicht. Einfach nicht fragen.“

Ich weiß nicht weiter. Setze mich auf einen Stein. Ich will mir Zeit lassen. Der Alte löst sich auf, es beginnt zu regnen. Der Regen ärgert mich. Wieso eigentlich? Weil ich nass werde? Weil ich nicht bestimmen kann, wann es regnet? Ich sitze hier und tue so, als wäre der Regen von mir getrennt.

Ich merke, wie die Pferde, die Kutsche und ich wieder Eins werden – wichtig ist nur der Weg. Es geht nur um den Weg-

-Frei erzählt nach Jorge Bucay, Drei Fragen-

Und dann, klar, weine ich. Auf dieser Terrasse, auf der ich schon literweise Tränen vergossen habe und mir wird klar, egal, welchen Weg ich einschlage, es geht darum, wie ich ihn gehe. Denn davon hängt ab, wie nah ich meinem Ziel komme.

Dann frage ich mich, wann ich das letzte Mal stolz auf mich war. Im Sinne von stolz, weil ich etwas nur für mich getan habe. Ohne den Gedanken, irgendwie Anerkennung von außen zu erhalten. Ohne, dass jemand gesehen hat, wie toll ich bin. Dann heule ich noch mehr. Denn, mir fällt nichts ein. Und dann, dann geht ein Ruck durch mich. Ich sitze, die Geschichte von Bucay im Kopf, weiß plötzlich, was zu tun ist. Ich stehe gerade am Beginn eines neuen Weges. Es gilt Nägel mit Köpfen zu machen. Nicht weiter zu zögern.

Heute Morgen wache ich auf. Es regnet. Und ich weiß, heute ist der Tag der Tage. Heute werde ich meine neuen Hallen beziehen. Mit dieser Gewissheit beginne ich Kartons zu packen. Und es fällt tatsächlich leicht.

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