Westendstories Schreiblabor Link

Westendstories hat einen Link geteilt, um Füllwörter aufzuspüren. Da bin ich dabei.

Ha!
Ich liege fast gleich mit Jules Verne. Ob das nun gut oder schlecht ist, weiß ich nicht.
Wie war das noch mit dem weglassen? Es gibt allerdings Sätze, die finde ich, an Farbe verlieren, lässt man die Füllwörter weg. Manchmal ändert sich gar die Aussage.
Es mag Pietätlos scheinen, doch habe ich den Text über meinen Paps getestet, weil er so schön lang ist. 760 Wörter, davon 40 Füllwörter ist kein schlechter Schnitt (finde ich).
Macht in Prozent 5,26%. Wer auch mal testen will bitte: https://www.schreiblabor.com/textlabor/filler/

Wollt ihr schauen?
Die Wörter in Klammern sind die Füllwörter.

08. Oktober 2004, 5.00 Uhr.
Ich liege seit 5 Minuten wach, als das Festnetz klingelt.
Mir wird schwummrig im Magen, wie (immer), wenn um ungewöhnliche Uhrzeiten das Telefon klingelt.
Seit mein Vater dem Tod von der Schippe gesprungen ist, habe ich diesen Trigger.
(Diesmal) kein Fehlalarm. Es geht ihm nicht gut, meint mein alter Herr. Ich bin sofort unter Strom. Anziehen, ins Auto und die 3 Kilometer nach Duisdorf fahren, alles automatisch. Ich bekomme es (kaum) mit.
Er sitzt im Wohnzimmer, grau im Gesicht, klagt über Luftnot, lässt sich (aber) nicht nehmen, mir noch zu sagen, wer heute alles zur Dialyse muss.
Ich schreibe mit, weil ich weiß, das beruhigt ihn.
(Dann) sagt er:
„Mädchen, ich glaub‘ jetzt ist’s Zeit für den Krankenwagen.“
Ich telefoniere.
Minuten später kommt der RTW in den Hof gefahren. Ich sitze neben meinem alten Herrn, habe den Arm um seine Schultern gelegt.
Er sackt weg. Die Sanis nehmen ihn in Empfang, legen ihn auf dem Boden ab. (Fast) gleichzeitig trifft der Notarzt ein.
Der Fahrer des Notarztwagens: Ein Kollege meines Vaters, der Hauptberuflich bei der Feuerwehr ist.
Während sich Notarzt und Sanis um meinen Vater kümmern, bringt er Makrisa und mich in die Küche. Ich weine, ahne, (diesmal) wird es nicht gut ausgehen. Wir sollen hier in der Küche warten.
Wir warten, während ich im Wohnzimmer den Defibrilator höre. (Immer) und (immer) (wieder).
Meine Tränen werden mehr.
Der Notarztfahrer kommt in die Küche, hockt sich vor mich, sagt mir, dass sie ihn ins Petrus- Krankenhaus bringen wollen, ich mir (jedoch) keine (allzu) großen Hoffnungen machen und in einer halben Stunde nachkommen soll. Es sähe nicht gut aus.
Wir fahren ins Petrus, sitzen noch nicht lange auf dem Gang, als ich einen Priester in die Intensivstation eilen sehe. Ich ahne, für wen er kommt.

Eine halbe Stunde später kommt ein Arzt hinaus. Mein alter Herr habe es überstanden, ob ich ihn noch (mal) sehen wolle.
Makrisa will mich davon abhalten, (doch) ich will ihn noch (mal) sehen.

Wir kommen in das Zimmer. Da liegt er. Apparaturen und Kabel, alles ist entfernt.
(Nur) eine leere Hülle. Da wohnt keiner mehr, geht es mir durch den Kopf. Ich weine (immer) noch.

„Wenn ich (mal) kapott bin, bräng mich zum Kratze Will.“ Was soviel heißt wie, „wenn ich (mal) tot bin, geh zum Bestatter Willi Kratz.“

(Ja), (so) war er. (Immer) (ganz) schön kaltschnäuzig, (auch) dem Tod gegenüber. Ich solle ihn platzsparend unterbringen, meinte er (immer).

Ich sehe Makrisa an. „Wir fahren jetzt zum Kratze Will“, sage ich. „Was, jezt direkt?“ „Klar jetzt, oder meinste, ich kann meinen Vater hier einlagern.“

Jetzt, wo ich das schreibe, merke ich, wie (sehr) das nach dem „alten Baum“, meinem Vater klingt.

Wir fahren zum Bestatter, es ist noch (sehr) früh. Ich klingele, die Tür geht auf und vor mir steht ein alter, schlanker, großer Mann.

„Sind sie der Kratze Will?“ Er zieht die Augenbrauen hoch:“(Ja), und sie sind…?“ Ich bin die Tochter vom Baum’s Häns und er hat gesagt, wenn er kapott ist, soll ich zu ihnen kommen.“

Weiter komme ich nicht, muss (wieder) weinen. Der große, Graue nimmt mich noch in der Tür in den Arm.
„Komm rein, Mädchen.“

Das Beste, was der Alte mir raten konnte. Dieser Bestatter ist Gold wert.
Kegelbrüder waren sie früher, als sie noch jung waren. Mein Vater hat ihm (oft) beim Leichen waschen geholfen.
Und, es war ein illustrer Kegelclub. Mein Vater, Droschkenkutscher, ein Kinderarzt, der Bestatter und ein Zuhälter, neben anderen komischen Vögeln.
Alleine bei der Erzählung muss ich unweigerlich grinsen. Das passt zu meinem alten Haudegen.

(Dann) kommt die Anekdote von der Kegeltour nach Koblenz, bei der es ein Bett zu wenig gab. „Da haben wir Deinen Vater ins Kinderbett gesteckt, der war (doch) (so) klein.“

Jetzt lache ich laut. Ich kann (gar) nicht anders. Ich weine und lache. Ich weiß, hier bin ich gut aufgehoben. Das hast Du gewusst, ALter Mann

All das kommt mir heute Morgen in den Sinn, als ich den Erbschein und die Sterbeurkunde für den Steuerprüfer raussuche und mir das Datum des heutigen Tages bewusst wird.

10 Jahre sind seit diesem Tag vergangen. (Sehr) (oft) habe ich diesen Tag vergessen. Heute haut es mich um. Die Erinnerungen sind (so) intensiv, dass ich das Krankenhaus riechen kann.

Und ich wünschte, ich könnte ihm heute erzählen, dass das mit dem Finanzamt besser gelaufen ist, als befürchtet.

Und ich höre ihn sagen:
„Ach Mädchen, das wird alles nicht (so) heiß gegessen, wie es gekocht wird. Du mässt dat (schon).“

Stimmt Paps. Ich hab’s gepackt. Und (Trotzdem) fehlst Du mir. Alter Knötterpott.
Textanalyse:

7 Gedanken zu “Westendstories Schreiblabor Link

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