Zarte 17.
Die meiste Zeit verbringe ich bei Tinchen ( ich habe sie bei den Punks kennengelernt) , in Oberkassel (Bonn, nicht Düsseldorf). Sie hat hier eine kleine Wohnung, wohnt hier mit ihren beiden Katzen, Gundula und Daisy; und ihrem Freund Marc.
Das hier ist eine Hofgemeinschaft. Vorne im Haus lebt der Vermieter. Im nächsten Haus oben, wie beschrieben Tinchen, unten im EG ihr „Papi“. Ich nenn ihn auch Papi. Gegenüber wohnt ihr Bruder Rainer, ich schlafe hie und da mal mit ihm, doch das ist nichts festes. Rainer hat Rocky in seiner Obhut. Das ist der Schäferhund-Rottweiler Mix, des Bruders, Ingo. Er sitzt zur Zeit. Drogen oder so.
Die meiste Zeit sitzen wir bei Sonne und Bier im Hof; spielen Doppelkopf.
Kleiner Zeitsprung:
Silvester, Ingo ist raus und besucht die Familie. Zwischenzeitlich habe ich seinen Bruder auf die lange Narbe auf seinem Bauch angesprochen, weiß also, dass sie von Ingo’s Messer stammt. Not Op, die Leber war getroffen.
Und trotzdem empfinde ich keinerlei Angst vor Ingo. Er ist schon relativ alt (in meinen Augen damals, 36.). Blaue Augen, ein wenig verlebtes Gesicht.
Als es dunkel ist, knallt es oben in der Wohnung von Tinchen. Rainer, Ingo und ich sehen uns fragend, da kommt Tinchen die Treppe runter. Marc habe sie schlagen wollen (es ist natürlich Alkohol im Spiel), da habe sie ihm eine Flasche Bier übergezogen.
Jetzt wage sie sich nicht mehr hinauf, meint er habe auch ein Messer. Oha!
Ich meine, dass es besser sei, wenn er sich etwas abkühlen könne. Ok, wir sitzen, trinken weiter; warten.
Ingo und ich unterhalten uns sehr angeregt. Irgendwie hat der Typ was. Vielleicht ist es seine Unberechenbarkeit, von der mir so oft erzählt wurde.
Plötzlich steht Marc im Hof, fängt wieder Zank mit Tinchen an. Er hat tatsächlich ein Messer und fuchtelt damit rum. Nun erhebt sich Ingo und der gnadenlose Rocker, als der er mir beschrieben wurde, kehrt sich nach außen.
Wildes Gerangel im Hof und Richtung Treppe.
Auf der Treppe stürzt Marc, Ingo entwindet ihm das (beachtliche) Messer, beugt sich über Marc, drückt ihm das Messer an den Hals. Ich springe auf, wie Rainer auch, stehe dabei, weiß nicht, was tun, höre mich rufen: „Ingo, mach das nicht, der hat genug Schiss jetzt! Das ist es nicht wert!“
„Keiner bedroht meine Familie“, zischt er, packt Marc am Schlawitchen und bugsiert ihn zur Straße; er möge sich verpissen.
Ich bin geschockt und fasziniert zugleich.
Nachdem der Störenfried in seine Schranken und des Grundstücks verwiesen ist, beruhigt sich alles relativ schnell. Nun wird weiter gefeiert.
Gegen 2 Uhr in der Nacht, bricht Ingo auf. Ich bringe ihn zum Gartentor, das von innen geschlossen werden muss.
Eh ich’s mich versehe, packt er mich. Küsst mich. Und er küsst gut. So viel Zärtlichkeit hatte ich von ihm und gerade nach dem Gesehenen wirklich nicht erwartet.
„Pass auf Dich auf“, meint er, zwinkert mir zu und lässt mich verwirrt zurück.
Ich spüre seinen Kuss noch Stunden später. Es soll der einzige Kuss bleiben, den Ingo mir jemals gibt, obwohl wir uns noch öfter sehen werden.
Was für ein Typ!
Eine sehr schöne Geschichte, ich muss lächeln und kenne die Gefühle so gut.
Manche Begegnungen sind einfach Gold wert.
Liebe Grüße!
Wir hatten danach, noch einige Abende, an denen wir lange Back Gammon gespielt haben. Er hat mich nie wieder angerührt. Ich glaube, ich war etwas besonderes für ihn. Außer gegenüber seiner Schwester und mir war er ziemlich fies gegenüber Frauen.
Mit mir ging er immer total behutsam um. Gar höflich.
Ich bin in der Rockerszene groß geworden, gerade die besonders “starken” Männer haben, meiner Meinung nach, für sowas ein Händchen. Also sich besondere Menschen aufzusuchen.. ist doch eigentlich ein schönes Kompliment. 🙂
Ja, das ist es in der Tat. Ich denke tatsächlich mehrmals im Jahr an ihn. Es gibt Menschen, die vergisst man nicht.
Es wird auch noch ein, zwei „once upon a time“ von ihm geben.
Ich bin sehr gespannt darauf und freue mich natürlich schon.
Dir einen wunderschönen Abend. 🙂
Den wünsche ich Dir auch:-)
Danke. 17 Jahre warst Du da, oder? Ich bezeichne das in meinem Leben als das schrägste und aufregendste Jahr meiner Jungend. Bitte mehr … Lieben Gruss. Melanie
Ich glaube, von 12 bis 39 hatte ich nur schrägste Jahre 😀
Wie schön, dann gibt es ja noch haufenweise Material 🙂
Oh ja, nur ob ich wirklich alles kundtun werde weiß ich noch nicht. Lass Dich überraschen 😉
Ich liebe Überraschungen …
🙂
Wenigstens fühlt es sich rückblickend so an. 😉
Mal unter uns: Mir geht es ähnlich 🙂
🙂
Eine berührende Anekdote… (Rechtfeinen Dank für die Mitteilung)
Frühmorgendlichevorfrühstücksgrüsse aus dem Regenwald
Sehr gerne 🙂
Jetzt geht’s aber gleich weiter. Ich hab Grad den Swing. Der will genutzt werden:-D
Bestgelauntestefrühmorgendliche Grüße
Silvia Meerbothe